Gottlieb Biedermann holt sich drei Brandstifter in sein Haus, die ihre Vernichtungsabsichten von Anfang offen vor sich her tragen. Er bietet ihnen warme Betten, eine Festtagsgans und schließlich sogar das „Du“. Am Ende kommt es, wie es kommen musste: Brand, Tod und Verderben. Aber: Musste es wirklich so kommen?
Max Frischs „Lehrstück ohne Lehre“ steht unter der unmittelbaren Erfahrung des Nationalsozialismus, aber auch der kommunistischen Machtübernahme in der Tschechoslowakei. Für uns stellte es radikal die Frage nach der Freiheit und der Verantwortung des Einzelnen. Und dann wird aus dem Biedermann schnell ein Jedermann … Macht also nichts, dass in unserer Version die Hauptrolle zunächst selbst gar nicht mitspielte, denn diese Theatergruppe bestand nur aus Frauen. Unsere wirklichen Probleme waren sowieso ganz andere und gehören nicht hierher …
… vielleicht aber kleine Seitenhiebe oder mittelgroße Fragezeichen: Wie kann es sein, dass in den ersten beiden G8-Jahrgängen unserer Schule nur sechs Schülerinnen den Weg bis zu einem abendfüllenden Theaterstück zu Ende gehen wollen? Zeitgeist? Systemfehler? Angst? Wieso halten selbst Schüler/innen, die schon erfolgreiche Aufführungen kennen gelernt haben, nicht „bis zum Ende durch“? Wie entstehen diese unerträgliche Notenfixiertheit und diese kulturblinde Knausrigkeit im Umgang mit der eigenen Zeit? Warum empfinden OberstufenschülerInnen das, was ihnen Freude macht, als Belastung, warum raten Lehrer ihnen von dem ab, was sie wirklich formt und bildet? Hat irgendjemand darüber nachgedacht welchen Kulturverlust die Schulzeitverkürzung nach sich zieht – im G9 gab´s nämlich nicht nur Jungs in Theaterkursen, sondern schlichtweg mehr Kreativität, produktivere Muse und ein höheres Sprachniveau.
Trotz allem – und nie waren diese Worte so wahr wie diesmal – gab es zwei für mich sehr bedeutsame Aufführungen. (Ihre Beschreibung zu vermeiden gebietet nicht nur der frühe Redaktionsschluss.) Wir haben lange gerungen um diese Aufführungen, mit dem Text, mit unserer Inszenierung, mit uns und zuletzt mit dem „Schicksal“. Ich möchte mich sehr herzlich bei allen Beteiligten bedanken. Nicht nur für die Aufführungen.
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